zeitlos

die zeit verläuft
auf deinem gesicht
wie schminke
unter tränen
eine landschaft mit
gräben, flecken, linien,
unebenheiten
malt dir die zeit
auf dein gesicht

es sind spuren der reife,
sagst du
die falten, die altersflecke
die roten adern
die unreinheiten –
so kommt es immer,
ob du es willst oder nicht

und doch war dein gesicht
noch nie so rein,
so lichtdurchflutet
hinter der trüben iris
ist ein leuchten,
da strahlt ein wissen

wenn deine lider
sich für immer schließen
werden zwei sterne für mich
jede nacht leuchten
von wo auch immer ich
nach oben blicke

 

©wortzeitlos

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novemberwind

der wind regt sich
streift die äste
spielt mit den losen blätter
auch sie fallen hinunter

die straßen sind
mit blättern übersät
meine füße waten
in ihrer vergänglichkeit
verfangen sich in den worten
die sie vor ihrem
winterschlaf flüstern

es wird ein schlaf
ohne erwachen sein –

die worte sickern
in meine gedanken
die verblichenen blätter
leben in ihnen weiter,
atmen in mir reihen
sich zu einem gedicht

 

©wortzeitlos

worte der nacht

alle worte,
die am tag fallen
liegen abends auf den straßen
sie rutschten durch die lippen,
wurden ausgesprochen
und fielen unbemerkt hinunter

von füßen getreten, zerquetscht
liegen sie überall verstreut
manche leuchten noch

leuchten heller
als ein stern

keiner sieht es
keiner sieht hin
sie schenken ihr licht
dem mond

 

©wortzeitlos

du bist die wärme

dein lächeln
hinter bezaubernden
blicken stumm verehrt
jedes nicht gesagte wort ist
wie ein flügelschlag
heimkehrender vögel

deine nächte
mit tanzendem verlangen
gefüllt, endlich bist du hier –
die novemberkälte
verliert sich in der nacht

du bist die wärme
auf meiner haut im spätherbst
während die bäume um das haus
langsam im nebel verschwinden,

 

ohne zu klagen

 

©wortzeitlos

wunder

I.

wunder werden oben,
über die wolken
ausgehandelt

oder wo sonst,
sag mir wo

die menschenschlange
wird immer länger
ich sehe, wie sie da stehen
mit aufgehaltenen händen

doch es regnet
keine wunder –
immer noch nicht
ein leben lang
nicht

es sind die falschen,
die dort stehen und warten –
ich stell mich erst
gar nicht an

 

II.

hoffnung lässt sich nicht kaufen
und wunder schon gar nicht
bezahlen kann man
nur mit vertrauen

man muss vertrauen
damit man in seinem
eigenen leben
nicht verlorengeht

 

©wortzeitlos